Alle in dieser Webpräsenz dargelegten Schicksale sind entweder durch Medienbeiträge belegt oder uns durch persönliches er- oder sogar durchleben bekannt.
Wie viele Menschen letztendlich durch die immer schlimmer werdende soziale Kälte bzw. durch eine ständige existenzielle Bedrohung zu Tode kommen, ist nicht bekannt. Bekannt ist nur, dass sich allein in Deutschland rund 10.000 Menschen pro Jahr* das Leben nehmen — das sind rund 830 pro Monat und über 25 pro Tag!!!**
Zynisch oder sarkastisch könnte man aber auch (auch zur Entkräftung unseres Anliegens) sagen: Viele dieser Menschen sind doch selbst schuld, denn jeder Mensch hat in unserer Gesellschaft die Möglichkeit, sich sein Grundrecht auf Existenz zu ‘erarbeiten’! Man muss sich dafür nur hart genug ins Zeug legen!
*) Zum Vergleich: In Deutschland kommen ca. 3.000 Menschen pro Jahr im Straßenverkehr um.
**) Quellen zum Thema Suizid:
- Suizide im Jahr 2022 in Deutschland
- Suizide von 1980 bis 2022 in Deutschland
- Suizide im europäischen Vergleich
Das Pro und Contra zur Berichterstattung über Suizide:
Das Thema, ob über Suizide berichtet werden soll oder nicht, wird zum Glück immer stärker debattiert bzw. auch differenzierter betrachtet. Hierbei steht vor allem der „Werther-Effekt“ (Nacheiferung eines Suizids) sehr stark im Vordergrund.
Der „Werther-Effekt“ tritt aber meistens nur dann ein, wenn sich berühmte bzw. stark in der Öffentlichkeit stehende Personen das Leben nehmen oder dieses Thema unreflektiert in die Öffentlichkeit getragen wird. So gibt es zum Beispiel einen Kodex in den Medien, über Suizide nicht zu berichten, woran sich aber gerade die Medien nicht halten, wenn sich eine Berühmtheit das Leben genommen hat. Die Schlagzeilen sind dann doch wieder wichtiger bzw. profitabler.
Kaum bzw. gar nicht gesehen werden dabei all jene Hinterbliebenen, die allein gelassen mit ihrem Verlustschmerz fertig werden müssen und dies auch, weil das Thema Suizid immer noch ein starkes Tabuthema in unserer Gesellschaft, sowie auch in den Familiensystemen ist. Über Suizide spricht man nicht.
Die fehlende Ver- und Aufarbeitung in den Familiensystemen, sowie auch in der Gesellschaft, richtet bei den Hinterbliebenen aber oft im Nachhinein bzw. auf Dauer einen größeren Schaden in deren Seele an, wie der Verlust des nahestehenden, sich selbst aufgegebenen, Menschen.
Spätestens an dieser Stelle müssten wir eigentlich auf die üblichen Telefonseelsorge-Beratungsstellen aufmerksam machen, falls Du selbst mit Suizidgedanken kämpfst oder Dich um einen Menschen in deinem Umfeld sorgst, der deiner Meinung nach suizidgefährdet ist.
Auch aus eigener Erfahrung wissen wir jedoch, dass die entsprechenden sozialen Dienste inzwischen oft total überlastet sind und dass sie zudem von Betroffenen bzw. Hilfesuchenden konsequent abgelehnt werden. Grund für diese Ablehnung ist der Umstand, dass es bei den psychologischen Beratungen bzw. der entsprechenden Hilfe fast immer um eine „Wiedereingliederung“ geht — also um ein Wiedereingliedern in genau die Gesellschaft, die mit ihrer Unfähigkeit und Ignoranz gegenüber den wirklichen Ursachen und Grundübeln den (seelischen) Schaden bei vielen Menschen überhaupt erst anrichtet.
Auch aus diesem Grund möchten wir an dieser Stelle lieber auf den „Erste-Hilfe-Kurs für Seelische Gesundheit“ des Zentralinstituts für seelische Gesundheit aufmerksam machen, um uns gegenseitig zu sensibilisieren, zu stärken und als Hilfe zur Selbsthilfe:
In Berlin wird der Kurs übrigens (für Berliner) kostenlos angeboten, finanziert vom Berliner Senat und unterstützt vom Berliner Krisendienst.
In eigener Sache:
Gisela und Michael haben diesen Kurs auch zum besseren Selbstverständnis bereits besucht und sind zertifizierte Ersthelfer für seelische Gesundheit, um auf dieser Basis anderen Menschen im Rahmen ihrer sozialen Aktivitäten noch besser helfen bzw. beistehen zu können. Das Erleben des Suizids von Christian war hierbei der Auslöser ganz gezielt nach solchen oder ähnlichn Weiterbewusstmachungs-möglichkeiten zu suchen.
Sich zu Tode arbeiten ist übrigens die einzige gesellschaftliche anerkannte Form des Selbstmords, was u.a. auch damit zu tun hat, dass die Arbeit an sich selbst die härteste der Welt ist, weswegen so viele Menschen vor sich selbst in harte Arbeit flüchten — was wiederum zu einem völlig falschen und kranken Arbeitsethos auf gesellschaftlicher Ebene führt, der uns alle krank macht.